Dein Potsdam-Blog
Astrophysikalisches Observatorium auf dem Telegrafenberg, Foto: PMSG/ Melanie Gey
Einsteinturm auf dem Telegrafenberg, Foto: CC-BY-SA-3.0/ Coenen

Wo die schlausten Bienen wohnen – der Wissenschaftspark Albert Einstein auf dem Telegrafenberg

Mit einer Tochter an der linken und einer an der rechten Hand bin ich in Zeiten von Homeschooling und Homeoffice auf der Suche nach einer Ablenkung im Grünen. Den Kopf mal frei kriegen, das brauchen wir alle drei. Die Sorge, die Interessen meiner beiden Töchter in unterschiedlichem Alter unter einen Hut zu bringen, habe ich beim Schmökern durch die Broschüre „Ein Rundgang über den Wissenschaftspark Albert Einstein auf dem Telegrafenberg“ schnell überwunden. Da ich selbst noch nie dort war, freue ich mich auf diesen Spaziergang mit Wissenszuwachs.

Auf dem Berg angekommen, einen Moment innehaltend, wird uns bewusst, dass der Telegrafenberg ein waldreiches Areal über der Stadt ist, auf dem sich bereits seit 140 Jahren weltweit bekannte Forschungseinrichtungen befinden. Die Anfänge des heutigen Wissenschaftsparks im 19. Jahrhundert mit dem ersten Astrophysikalischen Observatorium, dem Ursprung der wissenschaftlichen Geodäsie und der systematischen Vermessung des Erdmagnetfeldes sind für Potsdam als Wissenschaftsstandort bemerkenswert. Auch eine Geburtsstätte der Deutschen Meteorologie liegt an diesem besonderen Fleckchen auf dem Telegrafenberg. Potsdamer Wissenschaftsgeschichte ist ein faszinierendes und weites Feld.

Unser Rundgang beginnt am Eingang des Brunnenhauses, ab 1874 als erstes Gebäude errichtet. Von dort spazieren wir zum Säulenforum, einem Kunstobjekt zwischen dem Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) und dem Hörsaal. Das Säulenforum repräsentiert fünf Gesteinsarten der fünf Kontinente und damit die weltweiten Aktivitäten des GFZ.

Nach unserer kurzen Rast im großzügigen Park, angelegt im englischen Landschaftsstil, besuchen wir die Gebäude des Helmholtz Zentrums, in denen das GFZ untergebracht ist. Das GFZ ist Brandenburgs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung mit mehr als 1200 Mitarbeitern. Es erforscht das „System Erde“ und den Einfluss des Menschen auf dieses System. Das GFZ versucht, die Geschichte der Erde, ihre Eigenschaften, die in ihrem Inneren und an der Oberfläche ablaufenden Vorgängen sowie den Wechselwirkungen der Teilsysteme Geo-, Hydro-, Atmo- und Biosphäre zu erklären.

Im Glanz der Sonne werden wir auf ein historisches Gebäude mit markantem Turm aufmerksam, in den Jahren 1890 bis 1893 als Königliches Meteorologisches Observatorium errichtet. Das heutige Süring-Haus wird vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und vom Deutschen Wetterdienst (DWD) genutzt. Namensgeber des Hauses ist der frühere Direktor, Reinhard Süring. Der Wolken- und Strahlungsforscher stellte zusammen mit seinem Kollegen Arthur Berson 1901 den Ballon-Höhenrekord von 10.800 Meter auf. Aufgrund eingefrorener Registriertinte konnten sie allerdings nur eine Höhe von 10.500 Meter nachweisen. Bedeutender für die Forschung war ihre Entdeckung in 8.000 Meter Höhe: Sie konnten bestätigen, dass die Lufttemperatur ab zirka 8.000 Meter wieder ansteigt und die Atmosphäre geschichtet ist: Der Übergang zwischen Troposphäre und Stratosphäre war entdeckt.

Architektonisch interessant ist das historische Dienerhaus. Es wurde aufwendig saniert und erhielt einen modernen Laboranbau, der mit wetterfestem Baustahl verkleidet ist. Die bräunliche Oberfläche schimmert wie eine Jahrzehnte alte Rostschicht. Im Dienerhaus befindet sich seit 2010 die Radioaktivitätsmessstelle des DWD. Gegenüber liegt das meteorologische Messfeld, das seit 1893 ununterbrochen stündliche Wettermessungen vornimmt.

Wer hier aufmerksam lauscht, kann bei seinem Besuch vielleicht ein dumpfes Summen vernehmen. Hier arbeiten die schlausten Bienen von Potsdam, von Prof. Dr. Heinrich, dem Experten für Geomaterialien, liebevoll betreut. Der begehrte goldgelbe Honig wird in den Tourist Informationen Potsdams verkauft und ist definitiv einen Genuss.

Das ehemalige magnetische Variationshaus, heute Paläomagnetisches Labor des GFZ, beeindruckt uns besonders durch seine Bauweise. Aus wissenschaftlichen Gründen musste auf eisenhaltige Baustoffe, beispielsweise Nägel, verzichtet werden.

Wir genießen es, auf den Spuren der Wissenschaft zu wandeln und die Vielfältigkeit des Parks einzutauchen. Und so zieht es uns zum nächsten Gebäude, dem kleinen Refraktor. In dem kuppelförmigen, imposanten Bau wurde der Himmel über Potsdam mittels eines Doppelfernrohrs abgelichtet.

Für mich persönlich ist das ehemalige Astrophysikalische Observatorium, das Michelson–Haus, heute zum PIK gehörend, das schönste Gebäude auf dem Telegrafenberg. Es liegt fast zentral auf der höchsten Stelle des Berges und rückt dadurch optisch in den Mittelpunkt. Keiner von uns wusste bisher, dass dies das erste Astrophysikalische Observatorium der Welt war.

Unweit davon steht der Große Refraktor des Leibniz–Institutes für Astrophysik Potsdam (AIP). Noch heute ist er das viertgrößte Linsenteleskop der Welt.

Unser Wissenschaftsrundgang führte uns nun zu einem ganz besonderen, aus der sonstigen Architektur herausstechenden Gebäude. Wir fragten uns, welchen Nutzen das Gebäude wohl haben könnte. Vielleicht ein Parkhaus? Nein, wie wir lesen konnten, handelt es sich um einen energieoptimierten Neubau des PIK, „das Kleeblatt“. Das mit einer Holzfassade verkleidete Haus auf kleeblattförmigem Grundriss passt perfekt in die Umgebung. Wir sind uns einig, dass es ein schönes Arbeiten in diesem hochmodernen und mit Hightech ausgestatteten Gebäude sein muss.

Nun nähern wir uns dem wohl bekanntesten Bau im Wissenschaftspark: dem Einsteinturm, vom Architekten Erich Mendelsohn entworfen. Der Einsteinturm entstand in Zusammenarbeit mit Albert Einstein und dem Astronauten Erwin Finlay Freundlich von 1919 bis 1924. Wir hatten uns den Einsteinturm größer vorgestellt, doch mit seiner außergewöhnlichen Architektur entzückt er uns umso mehr. In dem Observatorium sollte die Gültigkeit von Einsteins Relativitätstheorie experimentell bestätigt werden.

Der Weg führt uns weiter zum ehemaligen Geodätischen Institut, dem Helmerthaus, einem Backsteinbau in klassizistischem Stil. Unter seinem Direktor Friedrich Robert Helmert (1843 – 1917) gewann das Institut schnell weltweite Reputation. Helmert, auf den die Zusammenführung der Messung von Erdanziehung und der Messung der Figur der Erde zurückgeht, kann als Begründer der wissenschaftlichen Geodäsie gelten. Heute beherbergt dieses Gebäude die Satelliten-Arbeitsgruppe des GFZ und die gemeinsame Bibliothek des „Wissenschaftsparks Albert Einstein“.

Unser Wissenschaftsrundgang beendet wir am modernen Bau des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Für uns endet damit ein wunderbarer, lehrreicher Spaziergang in einer traumhaften Naturkulisse. Wir haben viel über unsere Insel Großer Gedanken als Wissenschaftsstandort lernen können und haben erfahren, welche internationalen Berühmtheiten in Potsdam tätig waren.

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Mitarbeiterin Tourist Information, PMSG Potsdam Marketing und Service GmbH
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