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Belvedere Pfingstberg, Foto: SPSG PMSG Sophie Soike
Belvedere Pfingstberg Ende der 1980er Jahre, Foto: Peter Frenkel

Im Gespräch – Wolfgang Hilbert über das Belvedere Pfingstberg

Idyllische Ruhe im Grünen, spektakuläre Aussichten und ein imposantes Stück Italien: Der Pfingstberg mit Schloss Belvedere, Pomonatempel und Lenné-Garten ist Teil des UNESCO-Welterbes und zählt zu einem der schönsten Orte in Potsdam. Immer wieder werden Filmemacher auf das Pfingstberg-Ensemble als Drehkulisse aufmerksam. Das Belvedere wirkt auch auf der Leinwand mit seiner Architektur imposant, romantisch oder auch mal geheimnisvoll. In Szene gesetzt wurde es zum Beispiel in der Krimiserie SOKO Potsdam oder im rbb-Märchenfilm „Der Prinz im Bärenfell“.

Wolfgang Hilbert ist seit 1980 Wahlpotsdamer, pensionierter Lehrer und seit 1999 aktives Mitglied im Förderverein und mittlerweile im 11. Jahr Vorstandsmitglied des Förderverein Pfingstberg in Potsdam e.V.

Das Belvedereschloss auf dem Pfingstberg war ein Herzensprojekt von Friedrich Wilhelm IV. – der italienische Traum des romantisch veranlagten Königs. Wie genau stellte er sich sein Traumschloss vor und wo ließ er sich inspirieren?

Wolfgang Hilbert: Friedrich Wilhelm IV. war ein profunder Bewunderer italienischer Renaissancevillen, die ihm teils durch ein Kupferstichwerk von Percier und Fontaine und durch seine zweimonatige Italienreise 1828 bekannt waren. Bei der Planung und auch bei den von ihm selbst  erfertigten Zeichnungen für die Bebauung des Pfingstberges standen diverse Villen der italienischen Spätrenaissance Pate, wenn auch häufig in starker planerischer Veränderung. Elemente wie die Doppelturmanlage, die dem Turm der Villa d’Este in Tivoli nachempfunden ist, sowie das Kastell, Wasserbecken, Arkaden und Kolonnaden sind typische Stilelemente für diese „Kulissenarchitektur“. Sehr angetan war der König vom Casino Caprarola, einer  kleinen Sommervilla in der großflächigen Gartenanlage der Villa Farnese in Caprarola. Dies wäre nach seinem Willen auf dem Pfingstberg und architektonisch fast unverändert erneut entstanden. Eine prächtige Wasserkaskade hätte sich bergab angeschlossen, die damit aber auch dem Pomonatempel, Erstlingswerk Schinkels von 1801, das „Leben“ gekostet hätte!

Am Ende sah das Schloss dann doch anders aus. Aber das sollte der König nie erfahren. Er starb noch vor der Fertigstellung. Ein Prachtbau wurde das Belvedere dennoch. Als was und durch wen wurde es genutzt?

WH: Nach dem Tod des Königs 1861 wurde der Bau des Belvederes mit der Eingangshalle, die ein Zitat des bereits erwähnten Casinos darstellt, zum Abschluss gebracht. Da das Schloss nicht zu Wohnzwecken genutzt werden konnte, wurde bereits 1877 eine Kastellanwohnung eingerichtet und das Schloss für Besucher geöffnet. Ein strenges Reglement, auf deren Einhaltung der Kastellan zu achten hatte, untersagte zum Beispiel das Tabakrauchen, aber auch das Mitbringen von Hunden. Nach 1827 kam das Schloss in die Obhut der Verwaltung Preußischer Schlösser und Gärten“ und nach der deutschen Teilung in die Verwaltung „Staatlicher Schlösser und Gärten Sanssouci“.

Den zweiten Weltkrieg überstand das Schloss fast unbeschadet, aber es zerfiel zunehmend. Zwar blieb das Potsdamer Schloss bis in die 1950er-Jahre öffentlich für Besucher zugänglich, doch mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 war auch das vorbei. Das Belvedere wurde zu einem „geheimen Ort“. Wie genau kann man sich das vorstellen?

WH: Entgegen häufig geäußerter Vermutungen war der Pfingstberg auch nach dem Mauerbau immer begehbar und nicht abgesperrt. Das Belvedere und der Pomonatempel sowie die Lennésche Gartenanlage verfielen jedoch zusehends. Gründe dafür waren die Ignoranz staatlicher Stellen gepaart mit Geldnot, Vandalismus und ein übersteigertes „Sicherheitsverständnis“ hinsichtlich sensibler Bereiche, wie sowjetischer Kasernen und Kampftechnik im Nordwesten, der Grenze zu Westberlin im Norden und dem Militärstädtchen Nr. 7 (Abhörzentrale) im Osten rund um den Pfingstberg, in einer Zeit des „Kalten Krieges“. Absurder Höhepunkt war wohl das „Verschwinden“ des Pfingstberges von den Landkarten in den 1980er Jahren, was ihn in Folge zu einem „geheimen Ort“ machte.

Engagierte Potsdamerinnen und Potsdamer, unter anderem Matthias Platzeck, fanden sich in den 1980er-Jahren zusammen, um das Schloss aus seinem Dornröschenschlaf zu holen. Es entstand eine Initiative, die eine beachtliche Arbeit leistete. War das die Geburtsstunde des Fördervereins?

WH: 1988 gründete sich die AG Pfingstberg, vorwiegend auf Initiative von Wieland Eschenburg, unter dem Dach des Kulturbundes der DDR, die sich zunächst die Wiederherstellung der Lennéschen Gartenanlage zum Ziel gestellt hatte und im Folgejahr durch diverse Arbeitseinsätze sichtbare Erfolge, mit der Befreiung der östlichen Fläche vom Wildwuchs vor dem Belvedere und dem teilweisen Rückschnitt der Laubengänge, erreichte. Die Idee, den Pomonatempel aus eigener Kraft rekonstruieren zu können, war geboren. Um das Anliegen einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen und dafür zu werben, wurde am 10. Juni 1989 das 1. Pfingstbergfest veranstaltet, das ca. 3.000 Besucher auf den Berg lockte, und somit ein voller Erfolg war! Nach der politischen Wende gründete sich 1990 der gemeinnützige Förderverein Pfingstberg in Potsdam e.V. Die Rekonstruktion des Pomonatempels durch die Hermann Reemtsma Stiftung im Jahr 1993 dürfte für die Mitglieder des Vereins eine Initialzündung gewesen sein, zumal sie ein Jahr später die Nutzung des Gebäudes von der SPSG übertragen bekamen. Die legendären Tempeldienste“ mit einem ehrenamtlichen Besucherservice an den Wochenenden von Ostern bis Oktober und die Veranstaltungsreihe „Kultur in der Natur“ haben hier ihren Anfang genommen.

1999 wurde das Belvedere mit dem Pomonatempel als UNESCO-Welterbe aufgenommen. Auch ein Verdienst des bürgerlichen Engagements?

WH: Um es trotz aller Bescheidenheit zu sagen, ein klares JA. Es gab Sicherungsmaßnahmen für einsturzgefährdete Teile der Belvedere-Ruine sowie Planungen für den Wiederaufbau des Belvederes, die durch Zusage großzügiger Spenden seitens Prof. Dr. Werner Otto und der Hermann Reemtsma Stiftung sowie vieler weiterer Groß- und Kleinspender abgesichert waren. Dem Baubeginn stand somit nichts mehr im Wege. Die inzwischen gewachsene Zahl der Mitglieder des Fördervereins, die durch ihre Wochenendtätigkeit weitere Spenden generierten, indem sie für das ambitionierte Vorhaben warben, trug maßgeblich zu dessen Gelingen bei. 2001 kam es zur Teileröffnung des Belvederes auch dadurch, dass der Förderverein mit der SPSG einen Betreibervertrag abschließen konnte, der bis heute ermöglicht, das Belvederes von März (an Wochenenden), Ostersamstag bis Reformationstag (durchgängig) und den Pomonatempel (an Wochenenden und Feiertagen von Ostersamstag bis Reformationstag) zu öffnen.

Was für ein Ort ist das Belvedere Pfingstberg heute? Welche Erlebnisse bietet es dem Gast?

WH: Es ist ein romantischer und magischer Ort, ein Ort der Ruhe, der Entspannung, aber auch der Vielfalt an Erlebnissen. Alexander von Humboldt lobte die Aussicht von den Türmen, als „eine der Schönsten dieser Welt“. Wir werben etwas bescheidener mit „Potsdams schönster Aussicht“. Unsere Gäste können sich außer dem Besuch des Belvederes freuen auf: die Dauerausstellungen „Potsdamer Visionen mit Ausblick – Der Pfingstberg und seine wechselvolle Geschichte“ und „Zwischen Gartenlaube und Russenmagazin – Alltag am Potsdamer Pfingstberg 1945 – 1994“ sowie auf wechselnde Kunstausstellungen im Pomonatempel, Sonntagsführungen, Konzerte, Märchenfest, romantische Mondnächte, Adventsmarkt und Freiluft-Yoga.

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Mitarbeiterin Contentredaktion, PMSG Potsdam Marketing und Service GmbH

Potsdam – Eine Reise durch Europa

Die Architektur Potsdams, aber auch seine Traditionen spiegeln die Geschichte der Stadt wider. Und die Sehnsüchte ihrer Herrscher. So hat Brandenburgs Landeshauptstadt heute zweifelsohne viele Gesichter. Menschen aus ganz Europa kamen im Laufe der Zeit in die Residenzstadt der Hohenzollern – und damit auch ihre Kultur und ihre Bauten. Bis heute bewahrt sich Potsdam diesen europäischen Esprit. Mit allen Sinnen spürbar.
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